Der Standard, 29. September 2003 14:36 MEZ
FEINSTAUB AUS DEM STRASSENVERKEHR
Grazer Studie misst Belastungen - der Schluss daraus: "Radikales Denken in Richtung Hebung des öffentlichen Verkehrs"
Graz - Ein "radikales Denken in Richtung Hebung des öffentlichen Verkehrs" ist für den Grazer Umweltreferenten Walter Ferk das Gebot der Stunde in der steirischen Landeshauptstadt. Zum einen gibt es an den vier zentralen Feinstaubmessstellen der Stadt massive Überschreitungen die Tage, an denen die Feinstaubgrenzwerte über dem Limit liegen. Zum anderen bestätigt die jüngste Studie des Instituts für Statistik an der TU den Verkehr als Feinstaubverursacher Nummer eins.
Die Untersuchung
Am Grazer Statistischen Institut hat Ernst Stadtlober im Auftrag des Grazer Umweltamtes die statistischen Zusammenhänge zwischen erhöhten Feinstaub-Werten (PM10-Werten) und dem Verkehrsaufkommen untersucht: Dabei hat der Statistiker festgestellt, dass die PM10-Belastung an Sonntagen an den vier Grazer Luftgütemessstellen (Graz Mitte, Nord, Ost und Don Bosco) um "mindestens 40 Prozent" sinkt.
Verkehrszählungen haben dabei gezeigt, dass der motorisierte Verkehr an diesem Wochentag auf rund 60 Prozent der Werktagsfrequenz zurückgeht. Wie sehr die Luftverunreinigung mit dem Verkehr zusammenhängt zeige auch, dass auch die sonntäglichen Werte zeitlichen Schwankungen unterworfen sind: "Wenn der sonntägliche Heimreiseverkehr einsetzt, erreichen auch die PM10-Werte wieder die Niveaus der Werktage", betonte Stadlober im Pressegespräch. In Graz Mitte wiederum hat man unter der Woche insbesondere am späten Vormittag besondere Feinstaubspitzenwerte: "Das ist die Zeit der Pkw-Zulieferer", so Stadlober. Ausgewertet wurden Messdaten in zwei Erhebungszeiträumen: Von Mitte November bis Mitte Dezember 2002 sowie den gesamten Februar 2003.
Das Ergebnis
Die Situation der Luftbelastung in Graz ist ernst: Während aus gesundheitlicher Sicht für die Betroffenen nicht mehr als 50 Mycrogramm Feinstaubniederschlag pro Quadratmeter als Tagesmittel auftreten sollte und dieser Wert maximal 35 Mal im Jahr überschritten werden sollte, hält man zurzeit bei der Messstelle Graz Don Bosco bei 88 überschrittenen Tagen. Bei der Messstelle in Graz Mitte (Landhausgasse) sind es für 2003 bereits 89 Überschreitungen, im Osten der Stadt bei 59 Grenzwerttagen und im Norden der Stadt gab es schon an 51 Tagen überhöhte Werte.
"Wir müssen das Mobilitätsverhalten der der Gesamtbevölkerung ändern" so der Umweltreferent der Stadt, Walter Ferk (S). "Dazu ist auch eine flächendeckende Blaue Zone in Diskussion zu nehmen", so der Stadtpolitiker. Grundvoraussetzung hierfür sei allerdings wieder ein "zeitgemäßes Tarifsystem, das den Umstieg auch für jeden finanzierbar macht", so Ferk.
Von Seiten der Stadt ist man um Lösungen im eigenen Wirkungsfeld bemüht: So soll bis 2004 die gesamte Busflotte der Verkehrsbetriebe ebenso wie die 87 Lkw im städtischen Fuhrpark auf Biodieselbetrieb mit Feinstaubfilter umgestellt sein. Am ersten Oktober findet in Graz eine Enquete zur Feinstaubthematik von Seiten des Landes statt. (APA)